
„Jede Immobilie braucht eine Story!“
„Deutschland hat zwei Jahre Rezession hinter sich – mit einer preis- und kalenderbereinigten Veränderung des Bruttoinlandsprodukts um -0,3 % im Jahr 2023 und um -0,2 % im Jahr 2024, während andere europäische Staaten durchaus robuste Wachstumsraten erreichten. Dies war kein gutes gesamtwirtschaftliches Umfeld für die Immobilienmärkte. Hinzu kam, dass die EZB auf die im Wesentlichen energiepreisinduzierte Inflation zwar sehr schnell mit Leitzinsanhebungen reagiert hatte, dann aber die sinkenden Inflationsraten, die sich im Verlauf des Jahres 2024 an die Zielmarke von 2 % annäherten, nur mit Zinssenkungen in kleinen, zaghaften Schritten honorierte.
Diese Kombination wirkte lähmend auf die Akteure an den Immobilienmärkten. Ohne Notlage wollten Verkäufer ihre Preise nicht senken, während kreditfinanzierte Investoren auf weitere Zinssenkungsschritte warteten und eigenkapitalstarke Investoren auf notlagenbedingt niedrige Einstandspreise lauerten. Der Markt war gelähmt – geprägt von Nicht-Entscheidungen. Hinzu kamen Blockaden von Banken, die angesichts steigender Insolvenzen bei ihrer Kreditvergabe restriktiver agierten. Einige Banken finanzierten sogar überhaupt keine Immobiliengroßprojekte mehr, um sich keine zusätzlichen Risiken einzuhandeln.
Verkäufe fanden meist nur noch an Full-Equity-Partner statt, die keine Finanzierung benötigen. Diese verfügen aber zurzeit über reichlich Alternativen zur Immobilie, so dass sich die Anlagequoten zu Lasten der Immobilie verschoben haben. In dieser schwierigen Marktlage braucht es sowohl einen extrem motivierten Käufer, der eine Vision für die Immobilie hat, als auch einen gleichermaßen motivierten Verkäufer, der entweder unter Druck steht oder einen guten Preis erzielen kann.
Weil im Office-Bereich aufgrund fehlender Vorvermarktungsquoten kaum noch Nachschub an Neubauten zu verzeichnen war, gab es auch im Mietmarkt für Büroflächen nur wenig Transaktionsbewegung. Zudem ist bei Vertragsverlängerungen teilweise ein Trend zur Reduzierung der angemieteten Fläche zu beobachten, teils wegen der skeptischen Wirtschaftserwartungen, teils, weil das Homeoffice genutzt wird, um Flächen und Mietkosten einzusparen. Das daraus resultierende Angebotswachstum belastet zusätzlich den Neubau.
Der Markt für Light Industry und Logistikimmobilien, der sich in den vergangenen Jahren als krisenresilient erwiesen hatte, entwickelt sich, je nach Standort, differenziert. Während an für Logistik prädestinierten Standorten noch eine hohe Nachfrage zu verzeichnen ist, wurde der Markt andernorts dadurch belastet, dass die Gesamtschwächung der Wirtschaft zu einer Abflachung von Absatz, Produktion, Nachfrage und Mieten, insbesondere für ältere Bestandsobjekte, führte. Neue Nachfrage kommt jedoch durch Data Center und perspektivisch auch durch den boomenden Markt für Stromspeicheranlagen.
Der Einzelhandel ist schon seit Jahrzehnten von einer allmählichen Schrumpfung betroffen, die nicht nur aus dem Vormarsch des Online-Handels resultiert, sondern auch aus demographischen Veränderungen – ältere Menschen kaufen weniger. Top-Lagen funktionieren zwar immer (übrigens in allen Assetklassen), dennoch führen Insolvenzen bei Ketten selbst in 1a/1b-Lagen zu (temporären) Leerständen und sinkenden Mieten. Ältere Objekte weisen zudem häufig Investitionsstau auf. Und in der Nachvermietung erfolgen häufig Abschläge. Dynamik resultiert aber aus der Umwandlung von Einzelhandel in Gastronomie, aus neuen Nutzungen (wie Boutique-Fitness-Center) und aus Sondernutzungen wie Pop-Up-Galerien.
Der Wohnungsmarkt ist von der paradoxen Situation geprägt, dass trotz hoher Nachfrage kaum noch Neubau stattfindet, weil die Baukosten aufgrund vielfältiger regulatorischer Anforderungen des Bundes, der Länder und der Kommunen explodiert sind. Hinzu kommen langwierige Genehmigungsverfahren, die häufig weitere Auflagen bringen, die Verunsicherung von Investoren durch die Mietpreisbremse, in manchen Städten auch Quoten von preisgedämpften oder öffentlich geförderten Wohnungen. Transaktionen im Bestand funktionieren noch aufgrund der energetischen Förderung, stehen aber unter dem Risiko evtl. auslaufender Förderprogramme.
Für das Jahr 2025 sehen wir aber, dass wieder mehr Bewegung in den Markt kommt. Es fließt wieder mehr Kapital aus dem Ausland, namentlich aus den USA und UK, was einen Frühindikator dafür darstellt, dass der deutsche Markt wieder in Schwung kommt, und ein Signal für die lokalen Investoren darstellt, ebenfalls wieder aktiv zu werden. Wir stellen das bereits in unseren zahlreichen Gesprächen mit den unterschiedlichsten Markteilnehmern fest. Es zeigt sich, dass das Nachfrageinteresse in allen Assetklassen steigt. In Folge wird auch die Anzahl an Deals wird steigen. Es wird jedoch auch 2025 weniger Portfoliodeals geben, sondern mehr selektive Deals mit kleinerem Volumen. Insbesondere die ESG-Kriterien führen dazu, dass die Zahl von Stranded Assets weiter zunehmen wird. Das befeuert den Markt für Nutzungsänderungen: Ältere Büro- und Hotelimmobilien werden zunehmend umgewandelt, besonders gern in gewerbliches Wohnen, das mit Serviced Apartments, Boarding Houses, Mikrowohnen, studentischem Wohnen, Betreutem Wohnen und anderen Varianten noch wirtschaftlich darstellbar ist.
Wenn die Märkte selektiver werden, bedeutet das, dass Investoren und Betreiber kreativer werden müssen. Jede Immobilie, egal in welcher Assetklasse, benötigt eine eigene Story. Dabei muss sich das Nutzungskonzept des Objektes an den aktuellen Marktbedürfnissen orientieren. Stimmt das Preis-/Leistungsverhältnis, der Wertschöpfungshebel oder das Nutzungskonzept, dann sind Objekte aller Assetklassen auch aktuell am Markt verwertbar.“

Thomas Glodek
Leiter Öffentlichkeitsarbeit
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