
Copyright: Steffen Prößdorf
Aengevelt sieht noch deutliche Defizite bei der Bekämpfung des Wohnungsmangels.
Zukünftiger Koalitionsvertrag: Regulierung statt Wohnungsbauförderung?
DIP-Partner Aengevelt Immobilien sieht noch deutliche Defizite beim vorliegenden Entwurf zum wohnungspolitischen Teil des schwarz-roten Koalitionsvertrages. Während mietrechtliche Regelungen weiter verschärft werden sollen, finden sich kaum konkrete Aussagen zur Verbesserung der Wohnungsbauförderung. Vor dem Hintergrund der jahrelangen völlig unzureichenden Wohnraumproduktion der abgewählten Ampel verzichtet die angehende neue Regierungskonstellation wohlweislich vollständig auf ein Neubauziel.
Die AG 4 „Verkehr und Infrastruktur, Bauen und Wohnen“ hat ihr Kapitel für den schwarz-roten Koalitionsvertrag bereits vorgelegt – vorbehaltlich zweier kontroverser Punkte im Bau- und Wohnteil, die noch auf Chefebene geklärt werden müssen.
Wenig Konkretes zur Wohnungsbauförderung.
Die wichtigsten Aussagen zu Maßnahmen der Wohnungsbauförderung:
- Zur Bekämpfung des Wohnungsmangels fällt zunächst eine vollmundige Ankündigungsoffensive auf: Gleich in den ersten 100 Tagen will die Koalition einen Gesetzentwurf zur Einführung eines „Wohnungsbau-Turbos“ vorlegen. Um Wohnungsbau und Eigentumsbildung zu erleichtern, wird eine „Investitions-, Steuerentlastungs- und Entbürokratisierungsoffensive“ angekündigt. Konkretes zu diesen Themen enthält der Entwurf des Koalitionsvertrags allerdings (noch) nicht.
- Zum Sozialen Wohnungsbau heißt es dünn, er solle „ausgebaut“ werden. Steuerliche Maßnahmen bei Neubau und Modernisierung sollen „verbessert“ werden, ohne allerdings Zahlen (wie z.B. AfA-Sätze etc.) zu nennen.
- Zu den in der Ampel überwiegend stumpfen KfW-Förderprogrammen wird jetzt gesagt, dass sie zu einem Neubau- und einem Modernisierungsprogramm gebündelt werden sollen. Immerhin soll der EH55-Standard wieder förderfähig werden, allerdings nur befristet, um den Bauüberhang zu beseitigen. Zu Förderkonditionen und Programmvolumina findet sich ernüchternd keine einzige Zahl.
Viel Regulierung.
Stattdessen gewinnt man den Eindruck, als wolle die Koalition auf dem Gebiet der Regulierung besonders aktiv werden, was den Staat nichts kostet. Das serielle Bauen (mit dem Bundesregierung und Bundesgesetzgeber wenig zu tun haben) wird, wie bereits in den Wahlprogrammen, erneut beschworen, als ob es ein Allheilmittel sei. Der bereits von der Ampelkoalition eingeführte Gebäudetyp E soll „abgesichert“, technische Standards sollen vereinfacht und Genehmigungsverfahren beschleunigt werden. Diese Maßnahmen werden indessen konterkariert durch Verschärfungen beim Umwandlungsschutz, durch Milieuschutzsatzungen und bei Share-Deals.
Um die Baukosten zu senken und Bestandshalter zu entlasten, will die Koalition das Heizungsgesetz wieder abschaffen. Hinsichtlich der Umsetzung der EU-Gebäuderichtlinie EPBD sollen die Fristen nicht mehr, wie von den Grünen zu Ampelzeiten noch vorgesehen, übertroffen werden; stattdessen sollen Spielräume bei der Umsetzung genutzt werden. Die künftige Bundesregierung wird sich auf der EU-Ebene auch für eine Verlängerung der Umsetzungsfristen einsetzen. Allerdings gilt: Auch diesbezügliche Erfolgsaussichten sind keine Selbstläufer.
Der Abschnitt zum Mieterschutz trägt klar die Handschrift der SPD:
- So soll die klar erfolglose Mietpreisbremse in angespannten Wohnungsmärkten statt abgeschafft verlängert werden; die Bußgelder bei Nichteinhaltung sollen verschärft werden, ebenso wie die Bestrafung von Mietwucher. All das schafft keine einzige Neubauwohnung.
- Zusätzlich sollen vertraglich vereinbarte Indexmieten schärfer reguliert werden. Grundsätzlich strebt die SPD in Gebieten mit angespanntem Wohnungsmarkt eine massive Verschärfung der Kappungsgrenzen für Mieterhöhungen in bestehenden Mietverhältnissen auf "maximal 6 % in drei Jahren" an, was die Union allerdings klar ablehnt. Hier muss noch eine finale Einigung erfolgen.
- Die Wertgrenze für vereinfachte Modernisierungsmieterhöhungen soll - unzureichend - auf 20.000 Euro verdoppelt werden.
Fazit.
Ein fachlich überzeugender politischer Wille zum überfälligen Abbau der auch von der Ampel verdichteten Investitionsblockaden und damit die Signalisierung der rigiden Bekämpfung des Wohnungsmangels lässt sich nach Einschätzung der Researchabteilung des Immobilienhauses Aengevelt in dem vorliegenden Entwurf zum wohnungspolitischen Teil des schwarz-roten Koalitionsvertrages nicht erkennen.
Dabei müssten, um den Wohnungsmangel vor allem in den Großstädten der Ballungskerne abzubauen, über mehrere Jahre hintereinander jährlich rund 600.000 Wohneinheiten auf den Markt kommen – eine Neubauleistung, die in den 1990er Jahren immerhin vier Jahre in Folge erreicht worden war.
Die Ampelkoalition hatte sich stattdessen mit dem wohnungs- und gesellschaftspolitisch viel zu bescheidenen Ziel von 400.000 Wohneinheiten pro Jahr begnügt, doch selbst diese uninspirierende und ambitionslose Marke wurde bekanntlich mehrere Jahre hintereinander krachend verfehlt.

Um den Wohnungsneubau im bedarfserforderlichen Umfang zu stimulieren, müssten die Förderbedingungen in allen drei Säulen der Wohnungsbauförderung – sozialer Wohnungsbau, degressive AfA beim Mietwohnungsbau und Eigentumsförderung – massiv verbessert werden. Dass sich die künftige Koalition zu diesen Themen auf keine einzige konkrete Zahl verständigen konnte, lässt befürchten, dass keine wirksame Veränderung der Neubaumisere gesetzt wird. Angesichts der dramatisch zunehmenden Staatsverschuldung ist nach Einschätzung von Aengevelt auch unwahrscheinlich, dass während der soeben begonnenen neuen Legislaturperiode Fördermittel im konkurrierend notwendigen Umfang überhaupt mobilisiert werden können.
Dr. Wulff Aengevelt, geschäftsführender Gesellschafter des DIP-Partners Aengevelt Immobilien, fasst zusammen: „Zum Thema Bauen und Wohnen scheint sich – unbeeindruckt vom Scheitern der Ampelkoalition – überwiegend die weiterhin regulierungsaffine SPD in den Koalitionsverhandlungen durchzusetzen: Das Arbeitsgruppenpapier enthält eine Fülle von vermieter- und investorenfeindlichen konkreten Maßnahmen, indessen keine einzige verbindliche Festlegung zur Verbesserung der Investitionsbedingungen. Es ist deshalb nicht nur zu befürchten, dass die neue Bundesregierung keinen nennenswert nachhaltigen Beitrag zum Abbau des Wohnungsmangels leisten wird, sondern dass sich die seit Jahren verstärkenden strukturellen Angebotsdefizite in der gerade begonnenen Legislaturperiode noch weiter verschärfen – mit weiter destabilisierenden Folgen für den gesamtgesellschaftlichen Konsens unseres Landes.“

Thomas Glodek
Leiter Öffentlichkeitsarbeit
-
Kennedydamm 55 | 40476 Düsseldorf
- +49 211 8391-307
- t.glodek@aengevelt.com