Weihnachtsgeschäft zeigt die Bedeutung von Events für den Einzelhandel auf.
Das Researchteam des DIP-Partners Aengevelt Immobilien hat aktuell das bisherige Weihnachtsgeschäft ausgewertet und eine Polarisierung ausgemacht: Einerseits profitiert der Online-Handel zu Lasten des stationären Einzelhandels von der konjunkturell bedingten Preissensibilität der Verbraucher, andererseits zeigen die überwiegend außerordentlich erfolgreichen Weihnachtsevents in den Städten eindrucksvoll, wie sowohl hohe Passantenfrequenzen als auch hohe Umsätze mit sinnlichen Erlebnissen generiert werden können. Das hat auch Konsequenzen für City-Immobilien.
Das diesjährige Weihnachtsgeschäft ist zunächst durchwachsen gestartet. Der GfK-Konsumklimaindex erhebt sich zwar langsam aus der Talsohle, war aber im November 2024 immer noch nicht über minus 18,3 Punkte gekommen. Der Handelsverband Deutschland (HDE) erwartet für die Monate November und Dezember einen nominellen Umsatzzuwachs gegenüber dem Vorjahreszeitraum von 1,3 Prozent – das entspricht allerdings inflationsbereinigt einem realen Rückgang um 0,9 Prozent. Zwei Drittel der vom HDE befragten Geschäfte berichten von sinkenden Kundenfrequenzen gegenüber dem Vorjahr. Die Hälfte der Händler ist mit dem bisherigen Geschäftsverlauf unzufrieden.
Suche nach dem günstigsten Preis führt zum online-Handel.
Der CRM-Softwarehersteller Salesforce hat mehrere Gründe für die Kaufzurückhaltung im stationären Einzelhandel ermittelt: 85 Prozent der Verbraucher geben 2024 an, Kompromisse bezüglich des Preises machen zu müssen. 43 Prozent sind inzwischen stärker verschuldet als in 2023. Die Suche nach dem günstigsten Preis lenkt immer mehr Verbraucher zu chinesischen Shoppingportalen wie Temu (Spitzenreiter über alle Altersgruppen hinweg) oder Shein (beliebtestes Portal der Generation Z). Auch mutiert der „Black Friday“ – eine Erfindung des stationären Einzelhandels – zunehmend zum „Cyber Friday“.
Insgesamt sogt die durch die schwache Wirtschaftslage noch markantere Preissensibilität dafür, dass der stationäre Einzelhandel, nachdem die Erholungsphase nach dem Ende der Corona-Pandemie ausgeklungen ist, wieder Umsatzanteile an den Online-Handel abgeben muss.
Top Frequenzwerte dank Weihnachtsmarkt und verkaufsoffenem Sonntag.
Aengevelt verweist aber auch auf eine Gegenentwicklung, die sich geradezu komplementär zur Digitalisierung des Einzelhandels ereignet. Das Statistische Bundesamt vermeldet dazu Erstaunliches: Am 1. Dezember 2024 sprang der Passantenfrequenzindex, der Daten aus 21 deutschen Großstädten auswertet, auf einen Wert von 321,7 Punkten, der sogar die Spitzenwerte des Vor-Corona-Jahres 2019 übertrifft. Zum Vergleich: 100 Punkte stellten den Mittelwert des Jahres 2021 dar, und ein Indexwert von 200 markiert schon einen außergewöhnlichen guten Tag.
Das Besondere an diesem Spitzenwert war aber nicht nur seine absolute Höhe, sondern auch, dass es sich beim 1. Dezember um einen Sonntag handelte: Es waren die zum Ersten Advent eröffneten Weihnachtsmärkte, z.T. in Verbindung mit einem verkaufsoffenen Sonntag wie z.B. in Düsseldorf, die den Städten den bisherigen Besucherrekord des Jahres verschafften.
Exemplarisch für den Effekt von Events ist der „Cranger Weihnachtszauber“, der größte mobile Weihnachts-Themenmarkt Europas, der nicht in einer der Big-7-Städte, sondern in Herne stattfindet, einer relativ strukturschwachen Stadt mit weniger als 160.000 Einwohnern. Und nicht nur das: Nicht mehr als einen guten Kilometer davon entfernt veranstaltet ein Gastronom, dem der „Weihnachtszauber“ zu eng geworden war, jeweils von donnerstags bis sonntags ein „Winterglühen“, das ebenfalls vom Publikum sehr gut angenommen wird.
Qualifizierte Themen-Events steigern Frequenz und Umsatz.
Dass eine Weihnachtskirmes ebenso wie Weihnachtsmärkte Besucherrekorde brechen, bestätigt den langfristigen Trend zur „Festivalisierung der Stadtentwicklung“, der es bereits im Jahr 1993 zu einem Buchtitel gebracht hatte. Nach Beobachtungen und Anbieterbefragungen von Aengevelt Research sitzt das Geld bei den Besuchern durchaus locker – trotz mehrjähriger Inflation und negativer Konsumstimmung. Qualifizierte Themen-Events sind damit ungeachtet schwieriger gesamtwirtschaftlicher Rahmenbedingungen durchaus geeignet, sowohl atypische Besucherfrequenzen als auch Umsätze zu generieren.
Dr. Wulff Aengevelt, geschäftsführender Gesellschafter Aengevelt Immobilien: „Wir von Aengevelt empfehlen den stationären Einzelhändlern schon seit Jahren, auf qualifizierten Erlebniseinkauf und Events zu setzen, um den Kunden genau die sinnlichen Erlebnisse zu verschaffen, die Internetshops so nicht bieten können. Die ersten Erkenntnisse aus dem bisherigen Weihnachtsgeschäft zeigen, dass Events besondere Erlebnisse erzeugen, für die breite Konsumentenkreise bereit sind, auch tiefer in das Portemonnaie zu greifen.“
City-Immobilien müssen sich anpassen.
Aengevelt leitet aus den Erkenntnissen ab, dass sich City-Immobilien an die sich veränderten Besucherpräferenzen und Einkaufsgewohnheiten anpassen müssen. So sind Indoor- und Outdoor-Eventflächen zu schaffen. Einzelhandel und Gastronomie sollten sich kleinräumig verschränken, um Synergien zu schaffen und sich wechselseitig Kunden zuzuführen. Es sind nicht nur Waren zu präsentieren, sondern es müssen auch visuelle, akustische, haptische, olfaktorische, emotionale und soziale Erlebnisse angeboten werden. Architektur und Innenarchitektur gewinnen an Bedeutung, um optische Stimuli und Erlebnisräume zu schaffen. Zunehmend werden auch Flächen und Gebäude für temporäre und flexible Nutzungen wie Pop-up-Stores und Events benötigt.
Dr. Wulff Aengevelt: „Die Cities der Zukunft werden keine reinen Einkaufsstraßen mehr sein. Erfolgreiche Innenstädte werden eher den Charakter von touristisch attraktiven Zentren aufweisen, wo man flanieren kann, interessante Entdeckungen macht, gastronomische Angebote wahrnimmt und mit allen Sinnen Konsumgüter erkundet.“